Eine Herausforderung für Banken, aber Expertise kann helfen, den beschwerlichen Weg zu erleichtern
Die EU-Taxonomieverordnung (EU-TaxonomieVO) auf einen Blick:
- Was ist die EU-TaxonomieVO? Ein Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten in der EU.
- Für welche Banken gilt sie und warum? Nur CSR- und CSRD-berichtspflichtige Finanzinstitute unterliegen der VO, um die Transparenz über nachhaltige Investitionen zu erhöhen und nachhaltige Finanzprodukte zu fördern.
Die EU-Taxonomieverordnung stellt für Banken eine große Herausforderung dar. Ursprünglich von der Europäischen Union im Rahmen des „Green Deals“ eingeführt, sollte sie ein Klassifizierungssystem schaffen, um nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu definieren. Doch die Realität sieht für viele Kreditinstitute deutlich schwieriger aus. Was eigentlich dazu gedacht war, mehr Klarheit in die Bewertung von nachhaltigen Investitionen zu bringen, wird zunehmend als bürokratische Belastung wahrgenommen.
Green-Asset-Ratio: Der Vergleich unter den Banken
Eine zentrale Anforderung ist die Berechnung der Green-Asset-Ratio (GAR), die den Anteil nachhaltiger Kredite und Investitionen im Portfolio einer Bank darstellt. Klingt zunächst nach einer simplen Metrik, doch in der Praxis bedeutet sie für Banken einen immensen Aufwand. Jedes Darlehen, jede Schuldverschreibung muss darauf geprüft werden, ob sie den Nachhaltigkeitskriterien der EU entspricht. Banken sind sich bewusst, dass sie im Vergleich zu anderen Instituten hinsichtlich des GAR nicht „die Letztplatzierten“ sein wollen, doch die komplizierten Anforderungen führen dazu, dass viele sich im unteren Drittel der Vergleichsgruppe wiederfinden – und dies ungern.
Banken als Vehikel der Nachhaltigkeit
Die EU hat das Ziel, die Finanzwirtschaft zu einem Motor für nachhaltige Entwicklung zu machen, tut sich jedoch schwer, sich selbst zu verpflichten. Stattdessen wurden die Banken dazu verpflichtet, diese Rolle zu übernehmen. Sie müssen nun bewerten, ob Investitionen und Kredite nachhaltig sind – eine Aufgabe, die sie ohne klare Vorgaben, oft auf Basis unzureichender Daten und mit großem Mehraufwand bewältigen müssen. Banken sind sich gleichzeitig sehr wohl darüber im Klaren, dass sie bei der Kreditvergabe maßgeblich zur Förderung von umweltfreundlichen Projekten beitragen können.
Lea Oeckermann, Senior Consultant für Sustainable Finance, beschreibt die Anforderungen daher als komplex, aber entscheidend für die Zukunft: „Die Anforderungen sind anspruchsvoll, doch sie bieten gleichzeitig die Gelegenheit, die Richtung vorzugeben. Es ist wichtig, die Herausforderungen im Zuge der Verordnung neben den immensen Möglichkeiten zu betrachten, die gemeinschaftliche Transformation zu mehr Nachhaltigkeit maßgeblich aktiv mitzugestalten. Gerade Finanzinstitute mit ihrer zentralen Wichtigkeit im gesellschaftlichen Leben können und sollten hier Vorreiter sein.“
Datenproblematik: Ein Hindernis für Finanzinstitute und Kund:innen gleichermaßen
Eine der größten Hürden ist die Datenverfügbarkeit. Banken benötigen umfassende Informationen von ihren Kund:innen, um Darlehen als nachhaltig einstufen zu können. In vielen Fällen fehlen diese Daten jedoch – sei es, weil Kund:innen sie schlicht nicht zur Verfügung stellen können. Besonders im Bereich Immobilienfinanzierung wird dies deutlich: Um ein Darlehen als nachhaltig zu deklarieren, müssen Banken beispielsweise die Energieeffizienzklasse der Immobilie kennen. Doch wenn die Käufer:innen diese Information nicht liefern, steht die Bank vor einem Problem.
Kund:innen sind überdies häufig nicht allzu begeistert von den vielen Fragen seitens der Bank und schalten manchmal sogar die Presse ein, um sich über den bürokratischen Aufwand zu beschweren. Damit wird die Beziehung zum Kund:innenstamm nachhaltig strapaziert, obwohl Finanzinstitute nur ihren regulatorischen Anforderungen nachkommen. Die GAR spiegelt zudem nicht unbedingt die Realität wider, da die Darlehensvergabe an viele nachhaltige, aber kleinere Unternehmen, wie z. B. kleinere Handwerksbetriebe oder ökologische Landwirte, nicht unter die Berichtspflicht fällt und somit in der Nachhaltigkeitsbewertung der Banken gar nicht auftauchen.
Gründe für die EU-Taxonomieverordnung
- Nachhaltigkeit: Förderung von Investitionen in umweltfreundliche Wirtschaftstätigkeiten.
- Klimaschutz: Unterstützung der EU-Klimaziele und Anpassung an den Klimawandel.
- Wirtschaftliche Vorteile: Schaffung von Anreizen für nachhaltiges Wirtschaften und Innovationen.
Chancen: Nachhaltigkeit als strategischer Vorteil
Die EU-Taxonomieverordnung wirkt sich also nicht nur auf die internen Prozesse aus, sondern kann auch zu geschäftlichen Einbußen führen. Banken berichten, dass Kund:innen abspringen, wenn zusätzliche Informationen wie Energieausweise verlangt werden. In manchen EU-Ländern gibt es Datenbanken, die solche Informationen bereitstellen, doch in Deutschland müssen Banken diese oft selbst einholen. Das kostet Zeit und verschlechtert die Kundenbeziehung.
Lea Oeckermann weiß: „Die EU-TaxonomieVO ist in ihren Anfängen hinderlich für das Geschäft, da sie oft zusätzliche Hürden schafft. Doch trotz all dieser Herausforderungen gibt es auch Chancen. Nachhaltigkeitsbestreben werden zunehmend als Wettbewerbsvorteil wahrgenommen, insbesondere im Firmenkundenbereich, wo viele große Unternehmen selbst vor der Aufgabe stehen, ihre Investitionen und Produktionsprozesse nachhaltiger zu gestalten.“
Auch im Bereich Depot A (das bei einer Bank angesiedelte Wertpapierdepot) können Nachhaltigkeitskennzahlen als Bewertungskriterium herangezogen werden, was sich wiederum auf die GAR auswirkt. Darüber hinaus gibt es positive Effekte auf das Risikomanagement im Privatkundenbereich, wo Energieausweise und die damit verbundenen Risiken Teil der Kreditprüfung werden können. Das bedeutet: „Eine frühzeitige, umfassende Auseinandersetzung mit passenden Strategien für die EU-Taxonomieverordnung kann sich langfristig zum wirtschaftlichen Vorteil entwickeln.“, betont Lea Oeckermann.
Externe Expertise ist unerlässlich
Die EU-Taxonomieverordnung bringt für Banken eine enorme Aufgabe mit sich – sowohl in administrativer als auch in geschäftlicher Hinsicht. Doch sie lässt sich nicht umgehen. Der einzige Weg, diese Herausforderung zu bewältigen, ist die Zusammenarbeit mit Spezialisten im Bereich Sustainable Finance. Webinare, Schulungen und Prozessanalysen helfen dabei, die umfangreichen Anforderungen zu verstehen und effizient umzusetzen.
Durch gezielte Beratung können Banken nicht nur ihre Green-Asset-Ratio verbessern, sondern auch Prozesse nachhaltig optimieren, um in Zukunft besser gewappnet zu sein und mit regulatorischen Anforderungen leichter umgehen zu können. Letztlich bleibt die EU-Taxonomieverordnung ein beschwerliches Thema für viele Banken. Doch mit der richtigen Expertise lässt sich dieser Weg wesentlich durchführbarer gestalten – und kann langfristig sogar Chancen bieten, die ansonsten im Tagesgeschäft untergehen würden.